Lebendigkeit und Vielfalt in der Pflege

Die Pflegerin Gerti Fricke aus dem Tobias-Haus schätzt vertraute Gespräche mit den Bewohnern

Wer eine Geschichte zu erzählen hat, ist ebenso wenig einsam wie der, der einer Geschichte zuhört. Und solange es noch jemanden gibt, der Geschichten hören will, hat es Sinn, so zu leben, dass man eine erzählen kann. Der Schriftsteller Sten Nadolny fasst in Worte, was die Arbeit im Tobias-Haus für mich besonders macht.

Uns Pflegekräften macht das miteinander Leben im Tobias-Haus bewusst, wie viel Potenzial in unserer Arbeit steckt. Tagtäglich sehen wir, was wir bewirken und können uns ganzheitlich einbringen – mit allen unseren fachlichen und sozialen Fähigkeiten. Dabei ist stets ein sensibler, wahrnehmender Blick für die Bedürfnisse eines jeden Einzelnen gefragt.

Der Pflegeberuf verlangt uns viel ab – aber er gibt auch viel zurück. Durch einen fürsorglichen, zugewandten Umgang und Gespräche mit den Bewohnern entsteht oft eine wunderbare Atmosphäre. Dann hören wir Lebensgeschichten. Sie handeln von verpassten Chancen und glücklichen Beziehungen, von der verlorenen Jugend im Krieg, von schönen und traurigen Momenten. Oft wünschen wir uns, wir hätten mehr Zeit zum Zuhören, denn die Erinnerungen und Erzählungen der Senioren lehren uns, wie wir unser eigenes Leben besser verstehen können.

Lebendigkeit und Vielfalt gehören im Tobias-Haus zum Alltag dazu. Sie machen unsere Einrichtung zu einem Ort, an dem wir tatsächlich miteinander leben. Und das Leben braucht auch Pflege – bis zum Lebensende. Dabei geht es uns Pflegekräften nicht ausschließlich darum, den Bewohnern bei der Körperpflege behilflich zu sein. Vielmehr versuchen wir, den Menschen in seiner Ganzheit – mit Körper, Geist und Seele – in den Mittelpunkt des pflegerischen Handelns zu stellen.

So möchten wir ihm helfen, seinen individuellen Weg zu gehen. Der Umzug ins Pflegeheim ist meist mit Unsicherheit, Angst und drohender sozialer Isolation verbunden. Die Größe der sozialen Netzwerke nimmt im Alter ab, bedingt durch Mobilitätseinschränkungen, Krankheiten und Todesfälle. Den Pflegekräften kann daher, neben den Angehörigen, eine hohe private und soziale Bedeutung zukommen.

Wichtiger noch als die Anzahl der sozialen Kontakte, ist das Ausmaß wahrgenommener Nähe. Das Gefühl, integriert zu sein sowie einer Gemeinschaft anzugehören, verhindert Einsamkeit und trägt zum Wohlbefinden bei. Es zeigt jedem Einzelnen, dass er nicht allein ist, sondern durch die Gemeinschaft gehalten und getragen wird. Kulturelle Veranstaltungen, Besuche des benachbarten Waldorfkindergartens sowie das vielfältige therapeutische Angebot ermöglichen unseren Bewohnern eine erfüllende Freizeitgestaltung.

Es ist schön, dass alle Kollegen so gut und wertschätzend zusammenarbeiten. Dank des gemeinsamen Engagements aller im Tobias-Haus vereinten Berufsgruppen können die Senioren am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Dadurch entstehen viele bewegende Momente, die wir miteinander erleben.


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